Walk Hard ist ein Biopic-Spoof und basiert im wesentlichen auf
Walk The Line und ähnlichen Filmen. Dewey Cox (John C. Reilly) ist ein tendentiell opportunistischer Songwriter mit den üblichen persönlichen Problemen. Den Film, der bei uns erst Ende Februar startet, habe ich natürlich noch nicht gesehen, doch der Soundtrack verdient einiges Lob.
Nicht seit
Spinal Tap gab es einen Parodie-Soundtrack, der so treffsicher war wie
Walk Hard. Ob es Johnny Cash selbst ist ("Walk Hard", "Let's Duet" mit seiner Version von June Carter, die Columbia-Phase-Mariachi-Bläser-Outlawballade "Guilty As Charged"), Roy Orbison ("A Life Without You (Is No Life At All)") oder Elvis ("(Mama) You Got To Love Your Negro Man", "(I Hate You) Big Daddy"), die Parodien sitzen. Die nahezu perfekte Dylan-Impersonation John C. Reillys auf "Royal Jelly" (eine
spot-on Parodie auf die akustischen stream-of-consciousness Songs Dylans circa '65-'66: "Allegory agencies of pre-raphaelite paganry/ and Shenandoah tapestries compared with good mahogany/ Collapse in the undying postcard romance") ist zweifellos ein Highlight des Soundtracks.
Das größte Manko am Album ist, daß man nicht allzu oft das Gefühl hat, trotz aller Brillanz der einzelnen Nummern, einen authentischen Dewey Cox durchzuhören. Aber damn it, who cares!? Wenn man Van Dyke Parks dazu gewinnen kann, ein wahnwitziges psychedelisches Beach-Boys-Pastiche ca.
Smiley Smile ("Black Sheep") zu texten und arrangieren und selbst vor einer (authentisch slicken) Disco-Version von Bowies "Starman" nicht zurückschreckt, dann ist der Ton für das Album vorgegeben: Parodie und Irrsinn vor konsequenter Charakterisierung.
Weil ein Großteil der Songs von Michael Andrews, Mike Viola, Charlie Wadhams und Dan Bern (12 von 15 Nummern) stammt, gibt es durchaus stilistische Zusammenhänge trotz aller Genrearbeit, die den Soundtrack zweifelsohne prägt. So etwa sind die Mollakkorde von "Walk Hard" trotz textlicher und vokaler Anleihen weniger Johnny Cash in Reinkultur als ein 50er-Pastiche in dessen Kontext selbst das stark an Roy Orbison gemahnende "A Life Without You (Is No Life At All)" überzeugend genug wirkt.
Vor allem die Elvis-Ripoffs und die Spätphase Dewey Cox' sind hier etwas weniger nachvollziehbar. Aber, was definitiv wichtiger ist: Der Soundtrack ist als Platte extrem gelungen, selbst wenn man bisweilen eher an eine Compilation denken mag.
Bezeichnend ist jedenfalls, daß das Album musikalisch so überzeugend ist (dazu gehören auch Period Sounds für die Produktion!), daß die witzigen Texte (zB "Let me hold you, midget man/ And pretend that you're flying in space/ Let me hold you, midget man/ So the dog will stop licking your face") bislang überhaupt nicht zur Sprache gekommen sind. Hierzu verweise ich auf "Dear Mr. President", "Let Me Hold You (Little Man)" und das etwas oberflächliche "Let's Duet" (double entendres ohne Ende).
Auch der Nachruf auf Dewey Cox wurde schon zu Lebzeiten von ihm selbst eingesungen: "(Have You Heard The News) Dewey Cox Died" (der letzte Track), eine Country-Ballade mit einer süßen Melodie und Mandolinen, einem
town-crier-Refrain, und einem derart dämlich sentimentalen Text, daß er ebenso witzig ist wie die anderen Songs: "Long black hearse/ Clear blue sky/ Preacher says his words/ Grown men cry/ Women start to faint/ Dark grey sky/ Simple wooden box/ Preacher asks why"...
Vielleicht ringt sich das Team ja zum einen oder anderen regulären Dewey Cox Album durch, das wenigstens mich nach dieser quasi-Best-Of durchaus interessieren würde.
Nachtrag:
Zu Bowies "Starman" sollte vielleicht gesagt werden, daß es glaubwürdig genug ist, daß ein Songwriter - sobald er sich zu einer Disco Nummer entschieden hätte - völlig vom Genre geschluckt wird. Man hat es oft genug gehört, und selbst eine so individuelle Band wie die Meters sind (auf "Disco Is The Thing Today",
Trick Bag, 1976) rettungslos hineingeschlittert. Das Arrangement auf
Walk Hard jedenfalls ist Disco pur. Vielleicht auch deshalb die Entscheidung für eine bekannte Nummer. Sonst würde sich das keiner anhören wollen. ;-)