Endlich eine Kategorie, für die kaum Aufwand betrieben werden muß; lächerliche Sätze, die irgendwie doch was haben finden sich auf Schritt und Tritt, etwa in John Clelands
Fanny Hill (1749):
One evening I cannot help remembering, that, returning home from him with a spirit he had raised in a circle his wand had proved too weak to lay, as I turned the corner of a street, I was overtaken by a young sailor. (p. 177)
Das
double entendre ist natürlich beabsichtigt, und Fannys Flucht vor der Impotenz des Liebhabers führt zu einer der wenigen humorvollen (und echt witzigen) Sexszenen des Buches, doch die lakonische Koketterie des obigen Satzes gepaart mit der grotesken Metapher und dem geringfügig unglaubwürdigen
nauta-ex-machina erreicht einen Gipfel des Lächerlichen.
Wieso zum Teufel funktioniert es aber trotzdem? Zum einen ist da die makellose Kadenz der luftdicht aneinandergereihten Nebensätze: jede geringfügige Änderung zerstört das Satzgefüge; aber auch etwas viel subtileres: der fließende Wechsel der Tonart mitten im Satz.
Der Kontext ist einer der Satire. Man wird annehmen, daß der sexbesessene aber weitgehend impotente Liebhaber, der auf den Seiten zuvor eingehend geschildert wird, im 18. Jahrhundert nicht ganz ernstzunehmen war. Zu deutlich unterscheidet er sich von all jenen kraftstrotzenden Mannsbildern, deren "Waffen" beinahe dem Willen ihrer Besitzer gehorchen. Mit der Matrosen-Episode schließlich verlegt der Autor sich auf die Parodie, wie es scheint. Er treibt die Klischees auf die Spitze, während er dem Leser wohlverdient Humoristisches serviert (die folgende Szene arbeitet vor allem mit der Seemannssprache).
Doch gleichzeitig scheint es, als wäre es die Icherzählerin Fanny selbst, die sich parodiert, denn sie setzt so selbstverständlich mit dem unklaren "I cannot help remembering" ein, als wäre es pure Ironie. Der Leser mag den Eindruck haben, sie erfindet die Geschichte schnell, um von der traurigen Obsession des Impotenten abzulenken. Doch die Sache ist noch komplexer. Der fantastische Aspekt ist freilich schnell ins Spiel gebracht, mit dem Zauberstab und dem magischen Kreis. Die Metapher repräsentiert natürlich vor allem die sexuelle Erregung der Protagonistin, doch ihre wörtliche Bedeutung ist trotz ihrer Lächerlichkeit essentiell für die Passage. Der "spirit", der Geist, der noch nicht besänftigt ist, lockt den Leser innerhalb weniger Momente so weit von seinem Realitätsanspruch weg, daß es ganz natürlich, ja beinahe notwendig erscheint, daß ums Eck ein Matrose wartet, der nun den Exorzismus vornimmt.
Um nicht unkontrolliert ins Profane zu kippen, scheinen die Vergleiche mit einem Kampf auf hoher See, einem Sturm usw beinahe notwendig. Der Text hat zwar in den folgenden Absätzen immer wieder eine realistische Komponente, doch es scheint die Sprache selbst zu sein, die ihr eigenes Spiel spielt: die Parodie, die sich auf diese eine groteske, irreale Szene beschränkt, die kurze Episode eines ungeduldigen Koitus ("canting up my petticoat and shift, [I] bared my naked posteriors to his blind and furious guide. It forces its way between them, and I feeling pretty sensibly that it was not going by the right door and knocking desperately at the wrong one, I told him of it: 'Pooh,' says he, 'my dear, any port in a storm.'" p. 178), nutzt die Gunst des Augenblickes, um ihren Schabernack zu treiben, und verschwindet dann wieder in der teils satirischen teils feierlichen Grundstimmung. Als die Madame des Bordells, wo Fanny arbeitet, sie mit der Gefahr von Geschlechtskrankheiten konfrontiert, ist man jedenfalls endgültig wieder auf dem Boden dieser speziellen Realität angelangt.
(Zitate nach: John Cleland: Fanny Hill. Or, Memoirs of a Woman of Pleasure. Edited with an Introduction by Peter Wagner. London: Penguin 2001)