Les-belles-lettres

Saturday, 4. November 2006

Überraschung von der Theoriefront

Nach längerem Zögern habe ich mich endlich dazu durchgerungen, wieder mal französische Literaturtheorie zu lesen. Gérard Genettes Seuils ("Paratexte")

Der Mann, das muß ich zugeben, ist gebildet, hochintelligent und witzig. Beispiel für letzteres: (aus dem Kapitel über die Titelgebung)

"Le procédé le plus économique est certainement celui de Senancour, qui publie en 1804 un Oberman, puis en 1833 une version remaniée sous le nouveau titre Obermann. Il n'a malheureusement pas persévéré dans cette voie pour la troisième édition, plus fortement remaniée, de 1840, qui ne porte pas un troisième n." [Seuils, p.73]

[Die ökonomischste Vorgehensweise [der Veränderung des Titels eines Buches, Anm.] ist sicherlich die Senancours, der 1804 einen Oberman veröffenlicht, dann 1833 eine überarbeitete Version unter dem neuen Titel Obermann. Leider hat er diesen Weg nicht für die dritte Ausgabe von 1840, stärker überarbeitet, verfolgt, die kein drittes n aufweist.]

Sunday, 29. October 2006

Ode an die Pizza

Einem unstillbaren Hunger gleichermaßen wie der in uns'rer Dichtung vorherrschenden Strömung, die von ihren Vertretern romantisch geheißen, verdankt die folgende Ode ihre Form, wie sie der werte Leser vorfindet. Der Verfasser sieht sich nur als Behältnis, darin die Naturinstinkte zum süßen Weine der Kunst gereift.



Ein Mehl, geschrotet aus dem blonden Weizen
Vermengt mit Wasser, Salz, und Öl wie Gold
Das ist Dein Teig, ganz zart und ewig hold --
Dein Schöpfer ist daran, den Ofen anzuheizen.

Die Glut, die Deine Kruste knusprig macht,
Den Käse schmelzen läßt, der dich bedeckt,
Aromen mischt und unsern Appetit erweckt
Sie ist gar bald im Herde angefacht.

Welch himmlischem Verstand bist Du entsprungen?
O Pizza! Selten Maß für die Vollkommenheit!
Hat Arbeit eines Menschen je in aller Zeit,
Ein wie das Deine göttliches Rezept errungen!

NOVALIS MY ASS

"Sollte nicht jene kindliche unbefangene Einfalt sicherer den richtigen Weg durch das Labyrinth der hiesigen Begebenheiten treffen als die durch Rücksicht auf eigenen Vorteil irregeleitete und gehemmte, von der unerschöpflichen Zahl neuer Zufälle und Verwickelungen geblendete Klugheit?" [Heinrich von Ofterdingen, Kap. II]

ad nauseam

Sunday, 1. October 2006

Letzte Zeile

Ich habe den Roman Rubè von G.A. Borgese (1921) nicht gelesen, nach den Ausschnitten in einem Skriptum [A.Noe: "Letteratura italiana del Primo Novecento"] zu urteilen (ein leider bisweilen notwendiger Vorgang), werde ich dies auch so bald nicht tun, aber die letzte Zeile ist in jedem Falle wunderbar:

"E non avevano peso le lunghe dita di donna che gli stavano sulle palpebre chiuse."


EDIT (29.3.08):
"so bald nicht" bedeutet circa 540 Tage. Höchst interessant (im Gegensatz zum Roman selber).

Tuesday, 26. September 2006

Wenn wir I H N nicht hätten...

Peter Handke im Interview in der NEWS (Nr. 37/06)

HANDKE [...] In der Welt heute ist böse Absicht gar nicht mehr nötig, um Böses hervorzubringen. Das ist ein Kennzeichen der Postmoderne.
NEWS Werden Sie von solchen Vorgängen getroffen, oder können Sie das ignorieren?
HANDKE Ich bin gern getroffen, das gehört zu meinem Leben. Ich würde lieber noch mehr getroffen. Ich bedaure fast, dass ich nicht genug getroffen bin. Zum Schreiben gehört, dass man getroffen wird, sonst hätte ich meinen Beruf verfehlt. Das verwandelt man dann in Sprache, Bilder und Rhythmus, in Sätze und Geschichten. In Würfe vor allem.


Aja. So ist das.

BONUSTRACK: "Ich glaube, so krank wie die Menschheit ist, wird Natascha Kampusch im Vergleich ein Beispiel für alle anderen sein können. Sie wird anders gesund sein als die meisten, die so gesund spielen, denn 99 Prozent der Menschen sind total krank."

Monday, 25. September 2006

s'que ça doit être comme ça?

Das Deutsche ist manchmal hoffnunglos unflexibel. Man hat das Gefühl, neue grammatische Kategorien erfinden zu müssen, um leichtfüßige, virtuose Effekte zu erreichen. Durch gezielte Arbeit am sprachlichen Material lassen sich freilich erstaunliche Resultate erzielen.
Es ist wahrscheinlich, daß ein Romantext Passagen von verschiedener Intensität braucht, um einen erträglichen Textfluß über längere Strecken hinweg aufrecht zu erhalten. Der Leser kann zu viele Informationen auf zu vielen Ebenen nicht verarbeiten, wenn das Geschriebene zu lange zu dicht ist; klare Schnitte und Abgrenzungen zwischen Passagen erleichtern den Zugang zu einem Roman erheblich, aber all dies kann kaum bedeuten, daß es sorgfältige und weniger sorgfältig gearbeitete Stellen geben soll: der ideale Autor muß auch die gemäßigten Stilvarianten beherrschen, um seine Effekte gezielt einsetzen zu können. Es ist unabdinglich, selbst wenn der Text auf Stagnation abzielt, diese Stagnation durch sprachlich interessante Mittel zu erreichen und nicht durch automatisches Schreiben, vergleichbar den Zügeln beim Reiten. Das wichtigste ist, die Zügel nie ganz loszulassen.
Die Hauptarbeit beim Schreiben besteht meines Erachtens darin, durch größtmögliche Anstrengung einen Text zu erschaffen, der dem Leser konsequent erscheint, unausweichlich und mühelos.

Sunday, 24. September 2006

Dimmi di gratia, Amor...

Dimmi di gratia, Amor, se gli ochi mei
Veggono 'l uer della belta, ch' aspiro,
O s' io l'ho dentro, allor che, dou' io miro,
Veggio scolpito el uiso di costei.

Tu 'l de' saper, po' che tu uien chon lei
A torm' ogni mie pace, ond' io m' adiro;
Ne uorre' manco un minimo sospiro
Ne men ardente foco chiederei: -

La belta, che tu uedi, è ben da quella,
Ma crescie, poi ch' a miglior loco sale,
Se per gli ochi mortali all' alma corre.

Quiui si fa diuina, onesta e bella,
Com' a se simil uuol cosa immortale.
Questa e non quella a gli ochi tuo' precorre.

[Michelangelo Buonarroti]

Saturday, 23. September 2006

Abverkauf

Ich habe, im Zusammenhang mit den Vorarbeiten und Fragmenten eines Romans, an dem ich zur Zeit arbeite, dessen erste Fassung bereits einige Jahre alt ist, und dessen Handlungskonstrukt ich vor einigen Monaten plötzlich neue Facetten abgewinnen konnte - genug, um eine vollständige Überarbeitung anzustellen - einige alte Texte entdeckt, die einem umfangreicheren Auto-da-fé im Jahr 2004 entgangen zu sein scheinen.
Das meiste davon ist freilich unlesbar, aber ich stieß auch auf ein Fragment eines (späteren) "Auftragswerkes":
Als MART voriges Jahr aus familiären Gründen nach Kärnten zu fahren vorhatte, bat er mich, ich möge einen Text über die Reise verfassen - freilich mehr als Variation auf die Thematik denn als authentischen Bericht. Der Text wurde nie beendet, aber der witzige, verheißungsvolle Anfang kann ohne schlechtes Gewissen vorm Vergessen gerettet werden.
Ein PDF (2 Seiten), steht für Interessierte zum Download () bereit.
Der Text wurde von mir geringfügig korrigiert.
Edit: Es scheint notwendig zu sein, stärker zu betonen, daß der Text Fragment ist. Schlimm wär's, wenn ich den letzten Absatz als Ende gemeint hätte. Stattdessen ist er nur das Ende der "Einleitungspassage"... das Interessanteste, wenn man will, ist nie geschrieben worden.

Friday, 22. September 2006

Herman Melville on the reading list [von Artandbarbarism, Original vom 6.9.06]

Quite often I write a couple of paragraphs for some entry on my blog, including mostly information that is as superficial as it is useless. Who really would care for instance, what I am reading at the moment, when all I have to offer are a couple of lines offering no special insight.
However, this time I choose to ignore the doubts and offer a few lines about... what I am reading at the moment. That is, not about D'Annunzio's Il Piacere, or about Tristram Shandy, which I am rereading, not even about Flaubert's Bouvard et Pécuchet, a commentator's darling. No, this is going to be about a book that is not very much talked about: Herman Melville's third novel, Mardi, And A Voyage Thither.

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ich verstehe diesen eintrag...
ich verstehe diesen eintrag noch immer nicht...
roland_and_his_burning_nose - 27. Apr, 21:26
dort gibt es zweifellos...
dort gibt es zweifellos weiße anzüge, hawaiihemden,...
syro0 - 18. Dec, 13:00
2009 wird ein Abba museum...
2009 wird ein Abba museum mit ca. 750 erinnerungsstücken...
turntable - 17. Dec, 22:29
polyphon sogar: ich bemerke...
polyphon sogar: ich bemerke erst jetzt einen gewissen...
syro0 - 26. Nov, 15:56
diesem Hausverstand pfeift...
diesem Hausverstand pfeift doch das schwein! grüße:-)
turntable - 25. Nov, 23:11
très charmant
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gizzy duststar - 17. Nov, 20:25
lol!
lol!
roland_and_his_burning_nose - 11. Nov, 18:41
danke für die ehre, welche...
danke für die ehre, welche mir zuteil wird. grüße
turntable - 2. Nov, 17:02

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Matador (Pedro Almodóvar)

Ladri di biciclette (Vittorio de Sica)

Nicht nur auf Italienisch wünschenswert

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